Das Kamba-Regenlied
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Über die Geschichte: Das Kamba-Regenlied ist ein Volksmärchen aus kenya, der im Uralte Geschichten spielt. Diese Poetische Geschichten Erzählung erforscht Themen wie Naturgeschichten und ist geeignet für Geschichten für alle Altersgruppen. Sie bietet Kulturelle Geschichten Einblicke. Die Reise eines jungen Mädchens, den Himmel mit uralten Melodien zu wecken und ihrem ausgedörrten Dorf lebensspendenden Regen zu bringen.
Einleitung
Die Morgendämmerung kroch über das Dorf Thuka wie ein Seufzer, der trockene Lippen verlässt. Die Erde lag rissig und staubig da, jeder Spalt wie ein Flussufer der Trauer. Ein versengender Wind entfachte einen wirbelnden Tanz über die brüchigen Gräser, ließ Perlenketten klirren wie trockenen Regen und flüsterte Geheimnisse eines Himmels, der vergessen hatte, zu weinen. Selbst die Ziegen drängten sich unter dornigen Büschen zusammen, ihre kühlen Atemwolken wirbelten in blassen Schauen, als tadelten sie die glühende Sonne für ihre Grausamkeit. Haraka haraka haina baraka hallte durch die leeren Hütten – eine Mahnung, dass Eile keinen Segen bringt. Dort, zwischen den knorrigen Akazienstämmen, stand Nyaguthi, ihre zierliche Gestalt fest verwurzelt wie eine knorrige Wurzel, dunkle Augen leuchteten mit einer Glut der Hoffnung. Sie trug eine uralte Trommel, geschnitzt von der Urgroßmutter ihrer Großmutter – das Fell gespannt wie der drängende Herzschlag des Landes. Jede Faser schien lebendig, summte vor ehrfürchtiger Sehnsucht der Ahnen. Als sich Wolken am Horizont wie ein zerlumptes Patchwork zusammenzogen, legte Nyaguthi die Handflächen auf die Trommelhaut. Ihr Herz pochte im Takt des fernen Donners, einem langsamen Puls, der Erde und Himmel vereinte. In dieser aufgeladenen Stille erinnerte sie sich an die Worte ihrer Großmutter: „Mzee wa mvua ana simba ya malaika“ – der Regenälteste trägt die Macht der Engel. Diese eine Wahrheit brannte heller als die sengende Sonne über ihr. „Pole pole ndiyo mwendo“, flüsterte sie und atmete Staub und Entschlossenheit ein. Der Wind legte eine Atempause ein. Die Welt schien den Atem anzuhalten, wartend auf den ersten Ton, der sich lösen und den Himmel aufbrechen würde.
Das ausgedörrte Dorf
Jeden Morgen schritt Nyaguthi am Rand des Dorfes auf und ab wie eine unruhige Termite, blickte über den Horizont nach einem Zeichen der Barmherzigkeit. Die Maisstängel hingen in klagenden Bögen herab, glichen geneigten Köpfen bei einer Beerdigung. Die Hitze flirrte in verschwommenen Pulsen und färbte die fernen Hügel in stumpfes Blau. Ihre Zunge klebte wie eine verlassene Schote am Gaumen. Sie sehnte sich nach dem salzigen Prickeln des Regens auf ausgetrockneter Lehmerde, nach dem elektrischen Stich der Tropfen, die auf sonnenverbrannter Haut tanzten. In ihren Träumen hörte sie ferne Wasserläufe, die wie ein spielendes Kind durch nun versiegelte Flussbetten rauschten. Palmenblätter kratzten hoch über ihr, ihre brüchigen Wedel knarrten im Protest. Sie würde der Verzweiflung nicht weichen.

In der Nähe versammelten sich die Ältesten im Schatten eines einzelnen Mukuyu-Baums, dessen Rinde so rau war wie die knochigen Wirbelsäulen der Dorfbewohner. Mit brüchigen Stimmen, so trocken wie vertrocknete Blätter, erinnerten sie sich an Zeiten, als der Himmel wie eine Kriegstrommel grollte, bevor er sintflutartig Wasser freigab. Mzee Kamau schloss die Augen und hob das Kinn gen Himmel, als wolle er mit den stummen Wolken verhandeln. Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn wie schmelzende Perlen. Der Duft von Staub und Sehnsucht hing wie ein unausgesprochenes Gebet in der Luft. Die Dorfbewohner traten aus ihren Hütten hervor, ihre Gesichter von Sorgenfalten durchzogen, die Hände erhoben, um die Augen vor dem unbarmherzigen Licht zu schützen.
Wispern des Mukuyu-Hügels
Tief in der Nacht vernahm Nyaguthi ein leises Summen, das auf einem warmen Windhauch zu ihr wehte – ein uraltes Wiegenlied vom Mukuyu-Hügel. Der Klang schlüpfte durch Ritzen ihrer Lehmbude wie Wasser, das einen Riss sucht. Ihr Puls beschleunigte sich; es war das Regenlied, längst der Erinnerung entrissen. Sie umklammerte die Trommel ihrer Großmutter, das Fell zitterte gegen ihre Rippen, antwortete auf die Melodie mit einem Schauer, der lebendig unter ihren Fingern pulsierte. Mondlicht glitt wie Quecksilber über den Boden und beleuchtete Staubkörnchen, die wie schwebende Sterne funkelten.

Bei Morgengrauen schlich sie fort, nur mit einem Ledersack getrockneter Hirse und einer kleinen Kürbisflasche voller Wasser. Jeder Schritt wirbelte winzige Wolken ockerfarbenen Staubs auf – eine ständige Erinnerung, wie sehr das Land von ihrem Erfolg abhing. Der Weg zum Mukuyu-Hügel windete sich durch dornige Akazien und gespenstische Baobab-Silhouetten, die im Wind wie alte Wachtposten ächzten. Weiter vorne zirpten Zikaden im rhythmischen Chor – das Metronom der Natur, das sie vorwärts trieb. Haraka haraka haina baraka bestimmte ihr Tempo, jeder Schritt bedacht und gemessen. Unter ihren Füßen fühlte sich die Erde fest, aber erschöpft an, wie ein müder Ältester, der sich auf einen Stab stützt.
Am Nachmittag stieg die Hitze so an, dass Nyaguthi die Luft wie flüssiges Glas flimmern sah. Schweiß sammelte sich in ihrem Kreuz. Doch ihr Wille verhärtete sich wie sonnengebackene Tonerde. Unermüdlich folgte sie einer Spur bröckelnder Fußabdrücke, die von jenen hinterlassen wurden, die die Reise zuvor versucht hatten. Thina thi mundu, erinnerte sie sich – in der Einheit liegt die Stärke –, doch hier oben ging sie allein. Trotzdem trug sie die Hoffnungen jedes ausgedörrten Mundes, jeder rissigen Handfläche, jeder schweigenden Hütte. Der Wind trug das leiseste Echo von Pfiffen und Klagen, als atmete der Hügel selbst erwartungsvoll auf.
Schluss
Als die Dämmerung den Himmel in einen Vorhang aus Violett und tiefem Indigo hüllte, pflanzte Nyaguthi ihren Stab in die heilige Lichtung auf dem Gipfel des Mukuyu-Hügels. Die Trommel ruhte zu ihren Füßen wie ein ruhendes Biest, bereit zu brüllen. Sie atmete die kühle Luft ein, schmeckte das leise Versprechen von Feuchtigkeit, das die hohen Wolken verhießen. Mit ruhiger Stimme begann sie das Regenlied, das ihre Vorfahren einst sangen, um schlafende Himmel zu wecken. Jeder Ton entfaltete sich wie eine lebende Ranke, webte sich durch die stille Luft und lockte das Herz der Erde zum Erwachen. Der erste Trommelschlag hallte wie ferner Donner wider. Tropfen bebten an ihren Fingerspitzen wie neugeborene Perlen, ehe sie in die Lichtung herabsprangen. Der Himmel grollte tief und kehlig, öffnete dann seine Arme für ein siegessicheres Prasseln. Regen peitschte den Hügelkamm wie eine Hymne des Triumphs, füllte die Welt mit dem Duft frisch gewendeter Erde und Neubeginn. Nyaguthi schloss die Augen und ließ den Vorhang aus Tropfen alle Furcht hinwegspülen. Darunter atmete Thuka auf, als Flüsse erwachten, Felder erblühten und die Dorfbewohner tanzend in den neu entstandenen Pfützen feierten. In jenem Augenblick erkannte jede Seele, dass Ausdauer tiefer fließt als jede Dürre. Das Lied eines einzelnen mutigen Herzens kann selbst den widerstrebendsten Himmel zum Tanzen bewegen, so zerbrechlich und kraftvoll wie die leise Hoffnung eines Kindes, das auf sturmgewaschenen Winden davonfliegt.
Unter einem Schleier funkelnder Regenbögen kehrte Nyaguthi heim, die Trommel pochte wie der Herzschlag eines erneuerten Landes – ein lebendiges Zeugnis dafür, dass dort, wo Tradition auf wagemutige Überzeugung trifft, Wunder wie Wildblumen nach einem langen, geduldigen Regen erblühen.