Der glückliche Prinz: Eine irische Geschichte von Opferbereitschaft und Mitgefühl

17 min

The Happy Prince stands atop Dublin’s ancient walls, bathed in the earliest golden light.

Über die Geschichte: Der glückliche Prinz: Eine irische Geschichte von Opferbereitschaft und Mitgefühl ist ein Fantasiegeschichten aus ireland, der im Geschichten aus dem 19. Jahrhundert spielt. Diese Beschreibende Geschichten Erzählung erforscht Themen wie Erlösungsgeschichten und ist geeignet für Geschichten für alle Altersgruppen. Sie bietet Inspirierende Geschichten Einblicke. Ein lyrischer irischer Fantasietext über einen goldverzierten Prinzen und eine freundliche Schwalbe, die sich zusammentun, um Dublin Bedürftigen Hoffnung und Güte zu bringen.

Introduction

Im fahlen Licht eines nebligen Morgens im Dublin des 19. Jahrhunderts schimmerte jeder Kopfsteinpflaster unter dem letzten Hauch der nächtlichen Kälte. Entlang der alten Stadtmauern erhob sich über Ziegeldächern und schmiedeeisernen Balkonen eine Statue: der Glückliche Prinz, in poliertem Blattgold verewigt und gekrönt mit rubinroten Juwelen, weich wie Herzschläge. Unzählige Abende lang hatte er die belebten Straßen und engen Gassen überblickt, seine steinernen Augen spiegelten Laternenlichte und geflüsterte Gebete. Zu seinen Füßen kämpfte die Armut in Familien, die sich an Herden wärmten, Waisen umklammerten zerlumpte Puppen, und erschöpfte Hafenarbeiter suchten Schutz vor dem Regen. Niemand wusste, warum auf den Lippen des Prinzen ein sanftes Lächeln lag oder wie tiefes Mitgefühl im Metall Gestalt angenommen hatte. In der ersten Winternacht, als der Frost über das Land kroch, landete eine winzige Schwalbe, vom Wind gehemmt und sehnsüchtig nach südlicher Wärme, auf seiner Schulter. Ihre Federn bebten wie verlorene Funken im Dunst der Morgenröte. Weder Prinz noch Vogel tauschten ein Wort, und doch keimte in dieser stillen Begegnung unter einem Torbogen eine Freundschaft. Ungesehen von den Städtern schmiedeten sie ein Bündnis mächtiger als Gold, entzündeten Hoffnung in den Herzen Dublins’ Vergessener. Jeder Abend im Schein des schwindenden Lichts lud verborgene Wunder ans Tageslicht ein: Kinder, die ihre Hände an das kalte Eisen legten; Träumer, die das rosige Leuchten auf den Wangen der Statue bewunderten, wenn die Sonne sank. Man erzählte, Seefahrer neigten bei Rückkehr der Brücke das Haupt in Hoffnung auf sichere Reise, und Reisende hinterließen Münzen am Sockel. Doch je tiefer der Winter, desto weniger wurden die stummen Tränen gesehen, die an den Rändern der rubinroten Augen des Prinzen perlten. Als sich die Schwalbe mit Erinnerungen an ferne, orangefarbene Sonnenuntergänge und palmenbesetzte Strände anschickte, fand sie doch ihren Weg zu diesem stillen Wächter. Keiner ahnte den Weg, der vor ihnen lag – eine Spur aus fallenden Goldblättern und flatternden Flügeln zu einer Liebe, die alle Form überstieg. Im Schweigen vor der Morgendämmerung hielt die Stadt den Atem an.

A Statue’s Vigil Over Dublin

Von seinem hohen Posten auf der alten Stadtmauer blickte der Glückliche Prinz hinab auf Dublins verschlungene Gassen. Unter dem fahlen Winterhimmel glänzte seine vergoldete Gestalt mit einem inneren Licht, das die Kälte seines steinernen Herzens übertünchte. Ein Meisterbildhauer hatte jede Falte seines Umhangs so gemeißelt, dass sie wie von Feuer berührtes, fließendes Wasser schimmerte. Unter ihm floss die Liffey lautlos durch eiserne Brücken, ihre graue Oberfläche spiegelte die geisterhaften Umrisse von Lagerhäusern und Laternenlicht. Gassen schlängelten sich wie Bänder zwischen rußgeschwärzten Ladenfronten, und jeder Portalbogen flüsterte Geheimnisse jener, die einst hier siedelten und träumten. Mit Einbruch der Dämmerung wurden Laternen entzündet, ihre Flammen jagten den Nebel fort, der sich unter niedrigen Türschwellen sammelte. Doch hinter dem Kreis des Lampenscheins lagen eiserne Zäune, baufällige Türen und verlassene Fenster, in denen keine Glut zu leuchten wagte. Obwohl keine Stimme den Prinzen erreichte, vernahm er das Scheppern müder Schritte, das Flüstern verzweifelter Gebete und den fernen Seufzer einer ermatteten Mutter. Im Zwielicht des ersten Lichts spürte er eine Welt, die nach Wärme und Erbarmen verlangte. Er hörte das Pochen von Füßen auf dem Pflaster, das Murmeln des Handels, vom Wind getragen. Er fühlte das Zittern eines Kindes, das in einer abgelegenen Pfarre hungerte, obwohl sein eigenes Herz in Bronze eingeschlossen war.

Leere Kopfsteinpflasterstraße in Dublin, erleuchtet vom Morgengrauen
Alle Straßen erwachen leise unter dem wachsamen Blick der Statue.

Wenn abends die Ladenläden heruntergeklinkt und der Trubel in den Wirtshäusern sich auf die feuchten Straßen ergossen war, rann eine einzelne Träne aus dem Rubin des Prinzen. Wie ein seidernes Band fing sie das Licht und warf einen schwachen Regenbogen auf bröckelndes Mauerwerk. Niemand blickte je hinauf, kein Wächter, kein Wanderer – und doch war der Schmerz des Prinzen so echt wie menschliches Leid. Er trauerte um die unsichtbaren Wunden seiner Stadt: das Kind, das zu schwach war, um bei Tagesanbruch aufzustehen, den Arbeiter mit aufgedunsenen Händen, und die einsame Witwe, deren Gebete verhallten. Jeder stumme Schrei hallte in der hohlen Brustplatte wider und erfüllte ihn mit dem brennenden Wunsch zu trösten. Doch mit kalter Krone auf dem Haupt und auf einer unbesteigbaren Säule stehend, fühlte er sich gefangen zwischen Empathie und Ohnmacht. Er sehnte sich danach, gefrorenen Herden Wärme zu schenken und leeren Händen Nahrung zu bringen. In jener stillen Nacht erkannte er die eine Wahrheit: Wahres Mitgefühl verlangt nach Tat statt nur nach Tränen. Er wünschte sich einen Boten, dessen Flügel Gold dorthin tragen konnten, wo es am dringendsten gebraucht wurde. Wenn nur ein treuer Freund sein Geschenk unbemerkt überbringen könnte.

Am Sockel der Statue erstreckte sich ein geschäftiger Platz, dicht gedrängt mit provisorischen Buden und zitternden Gestalten in abgetragenen Mänteln. Fischer, vom sturmgepeitschten Meer zurückgekehrt, lehnten sich an hölzerne Kisten und teilten Fischköpfe mit Straßenhunden. Am Rand des Marktes sortierte ein Lumpensammler verbeulte Töpfe, jedes klappernde Metallstück ein Zeugnis eines harten Überlebensjahres. Ein alter Dudelsackpfeifer, ausgehaucht vor Kälte, spielte eine klagende Weise, die über das Pflaster strich wie ein stilles Gebet. Junge Mütter hielten erschöpfte Säuglinge an die Brust und hofften, ein umherirrendes Brot würde ihnen zufallen. Später verriegelten Ladenbesitzer Fenster und Tore, sodass nur Laternenpfähle über einsamen Schwellen wachten. In diesem Spiel aus Schatten und Licht war das Gewebe der Not jedem Hauseingang aufgelegt und über jeden Schornstein gelegt. Der Mond, bleich wie ein Wächter, warf lange Schatten, doch niemand reichte wärmende Decken oder heiße Suppe. Während der Prinz zusah, hielt der gefrorene Atem der Stadt inne, gefangen zwischen Kälte und Verzweiflung. Doch selbst in der härtesten Winternacht flammten Funken der Hoffnung auf: ein geschmuggelter Schal, eine versteckte Münze, ein Gebet, das über das Schweigen der Steine stieg.

Obwohl seine Füße an unnachgiebiges Metall gekettet und seine Stimme im Stein gefangen war, schlug das Herz des Glücklichen Prinzen im Einklang mit den Nöten Dublins. Er beobachtete die Menschen, spürte jedes Hungern, jede Verzweiflung, als wären es seine eigenen. Die Kunstfertigkeit, mit der man sein Äußeres vergoldet und seine Augen mit Rubinen besetzt hatte, war ihm Ehre, doch im Angesicht des Leids wertlos. Unter dem goldenen Mantel brannte eine Wärme, die kein Schmied erzeugen konnte – eine Wärme aus Mitgefühl und dem ungesprochenen Versprechen zu helfen. Wenn die Glocken der Kirche verkummerten und der Pulsschlag der Stadt sich verlangsamte, schloss er seine steinernen Lider gegen das grelle Laternenlicht und stellte sich vor, wie er Gaben senden könnte, ohne den Stolz der Bedürftigen zu verletzen. Wenn nur ein Wesen mit Flügeln und Federn sein Gold verteilen könnte… In der Stille seiner Wache reifte ein Plan, der die Kluft zwischen Wunsch und Handlung überbrücken würde. Er forderte Mut von Herz und Flügeln – und der Glückliche Prinz wartete auf den Gefährten, der die Hoffnung auf den Wind tragen würde.

An Unexpected Visitor

Spät in einer Frostnacht, als Sterne das dunkelblaue Himmelszelt durchbohrten, kämpfte eine einsame Schwalbe gegen einen beißenden Nordwind, dem Flusslauf folgend in Richtung wärmerer Gefilde. Ihre Flügel schmerzten nach endlosen Tagen des Fluges, jeder Stich nach unten fühlte sich an wie ein Jahr Sehnsucht. Unter ihr flimmerten entfernte Herdfeuer im Schlummer, das gedämpfte Knarren von Kutschrädern klang wie Schlaflied. Ausgezehrt suchte der Vogel Zuflucht; sein winziges Herz hämmerte wie eine Trommel im Käfig. Als er auf einen schmalen Sims an der Stadtmauer zusteuerte, fing sein Auge das Glitzern von Gold: ein überirdisches Schimmern, das Schutz versprach. In diesem schimmernden Schein wich seine Erschöpfung Staunen, und müde Schwingen trugen ihn auf die kühle Schulter der Statue. Sie erhob sich über ihn, schweigend und doch gütig, ihr Rubinblick flammte wie ein leiser Versprechen. Er neigte den Kopf, irritiert von dem sanften Lächeln des Prinzen. Ein Hauch von Marmor wehte über seine Federn, und zum ersten Mal seit Tagen löste sich die Furcht. Das Laternenlicht tanzte über die Gewandung der Statue und malte Muster, die sein erschöpftes Herz beruhigten. In der Mitternachtssstille spürte die Schwalbe ein seltsames Erwachen in ihrer Brust.

Eine einzelne Schwalbe, die zart auf der goldenen Schulter einer Statue sitzt.
Die Schwalbe landet auf dem Prinzen und knüpft so eine unausgesprochene Verbindung.

Während der Mond seine Bahn zog, nestelte sich die Schwalbe in eine Falte des goldnen Umhangs. Die Welt unter ihr lag still; Rauch stieg träge aus Schornsteinen, und entfernte Glockenschläge kündeten Mitternacht. Die Frostkälte kroch in ihre Knochen, doch hier, auf dem goldenen Wächter, fühlte sie sich geborgen. Erinnerungen an Heimat in fernen Sümpfen wehten ihr durch den Kopf – Felder goldener Schilfrohre und das sanfte Säuseln der Sommerbrise. Obwohl die Kälte sie im Süden aufhielt, rührte die Versuchung, weiterzufliegen, an ihrem Gewissen. Doch bei jedem Pulsschlag vernahm sie die stille Einladung der Statue, eine unausgesprochene Bitte um Gemeinschaft. Sie blickte gen Horizont, wo die Morgendämmerung sich noch nicht regte, und entschied zu bleiben. In diesem Moment begriff sie, dass manche Wege eine Verzögerung erforderten, um Größeres zu vollbringen. Sie zog die Flügel eng an sich und fand ungeahnte Geborgenheit in der metallischen Wärme. Unter ihr atmete die Stadt Hoffnung, und die Schwalbe beschloss, bis zum ersten Licht des Tages zu verweilen.

Als die ersten Strahlen der Sonne die Dächer berührten, erwachte die Schwalbe und fand den Prinzen liebevoll auf sie gerichtet, seine rubinroten Augen vom Morgenlicht erfüllt. Der Vogel blinzelte gegen die Wärme, überrascht von diesem lebendigen Kummer in Gold gemeißelt. Ohne ein Wort neigte die Statue den Kopf und lud die Schwalbe ein, näher an seinen inlegierten Fuß zu treten. In dieser Geste offenbarte der Prinz ein Geheimnis: den brennenden Wunsch, mehr zu tun, als nur zuzusehen. Die Schwalbe spürte ein Aufbäumen des Muts, gemischt mit Ungewissheit. „Großer Prinz“, hätte sie geflüstert, wenn Worte den Stein durchdringen könnten, „ich bin nur ein kleiner Vogel mit zerbrechlichen Flügeln.“ Doch im Anblick des ruhigen Antlitzes erkannte sie festen Willen. Hier war ein Freund, der geben wollte, wenn nur ein Bote mutig genug wäre. Mit aufgeregtem Herz richtete sie sich auf und spürte das Gewicht des Schicksals auf ihren Schultern.

Im Verlauf der hellen Dämmerung sprach der Prinz in Gedanken, die die Schwalbe verstand: von Familien, die in bröckelnden Hütten froren; von Kindern mit hohlen Augen; von Witwen, die sich weinend auf nackten Dielen einbetteten. Jeder Bericht malte einen Hauch von Leid in den Himmel, flehte um Erlösung. Die Schwalbe lauschte, ihr Herz schwoll vor Mitgefühl, doch ein Zweifel nagte: Eine ferne Geliebte wartete in wärmeren Landen, und jeder Augenblick hier schmälerte das Versprechen der Wiederkehr. Doch der Schmerz des Prinzen, so lebendig wie die aufgehende Sonne, überstrahlte ihre Sehnsucht. Sie presste die Federn gegen einen plötzlich aufkommenden Windstoß und beschloss zu helfen. „Lass mich dein Gold denen bringen, die es am dringendsten brauchen“, dachte sie, wenn Worte ihre Welten hätten verbinden können. Und in diesem stillen Bund von Vogel und Statue setzten sich die ersten Gaben der Barmherzigkeit in Bewegung.

Behutsam zupfte die Schwalbe ein kräuselndes Blatt Gold von des Prinzen Umhang und schoss mit glühenden Flügeln hinab zu einem bescheidenen Mietshaus mit finsteren Fenstern. Sie glitt durch eine schmale Öffnung, zwischen aufgescheuchten Mäusen und halb geöffneten Blechdosen hindurch, und legte den schimmernden Schein in die klammen Hände eines zitternden Kindes. Die Augen des Kindes weiteten sich vor Staunen, als das kalte Metall seine Finger wärmte, und irgendwo atmete eine Mutter erleichtert auf. Ehe ein Alarm ertönte, flog die Schwalbe zurück zur Mauer, wo der Prinz mit einem sanften Leuchten wartete. In Dublins ärmsten Vierteln verbreitete sich das Gerücht eines geheimnisvollen Wohltäters wie ein nächtliches Lied unter Laternenlicht. So begann der feine Tanz aus Gold und Flügeln, Hoffnung geboren auf den Schwingen einer mutigen Gefährtin. Bei jedem Morgengrauen, wenn die Göttin der Dämmerung den Himmel in Pastelltöne tauchte, wiederholten sie ihr Ritual – ein Blatt getragen, ein Herz erwärmt. Selbst der in Stein gebannte Prinz spürte, wie Stille und Freude zugleich in seiner Brust aufblühten.

Gifts of Gold and Feathers

Mit jedem Tag des Winters wurden die goldenen Flächen des Glücklichen Prinzen lichter, wo die Schwalbe die letzten hauchdünnen Locken entwendet hatte. Doch sein Geist leuchtete heller als jeder Edelstein. Jedes Morgenlicht fand die Schwalbe auf seiner Schulter, bereit, ein weiteres Geschenk edlen Metalls in die entlegensten Ecken Dublins zu tragen. Kein Juwel war zu winzig, keine Bitte zu schlicht; jedes Goldblatt brachte Barmherzigkeit in gefrorene Heimstätten. Eines frostigen Morgens wirbelte der Vogel in eisiger Brise hinab zu einem Violinisten, dessen Saiten längst stumm im staubigen Dachboden ruhten. Im schlichten Zimmer hielt der Musiker das Blatt ehrfürchtig in Händen – bald erklang sein Bogen wieder, weckte tremolierende Melodien, die die nahe Gasse erfüllten. Tag um Tag entfachte ihre Großzügigkeit eine stille Revolution des Mitgefühls. Selbst hartgesottene Bürger, einst blind für das Elend am Rand, empfanden plötzlich ein Herz für die Bedürftigen. Und obwohl die goldene Oberfläche nun mehr silbrig-grauen Bronze zeigte, bestaunten die Passanten den unermüdlichen Wohltäter. Die Schwalbe, bewegt vom heimlichen Stolz des Prinzen, kehrte stets mit neuem Schwur zurück, eingraviert in Feder und Knochen. Jeder Flügelschlag war ein feierliches Versprechen, das im gildeten Busen des Prinzen Wurzeln schlug.

Schimmerndes Blattgold, das von einer Statue herabfällt und in die ausgereckten Hände eines Kindes gleitet
Jedes goldene Blatt fällt anmutig herab, um die Handflächen der weniger Glücklichen in Dublin zu erwärmen.

Gerüchte über die schwindende Pracht der Statue durchdrangen Dreschen und Handelshallen. Man flüsterte von einem treuen Diener, der das Gold gestohlen habe, oder von einer geheimen Bewegung, die es den Armen zurückgeben wollte. Ratsherren debattierten in flackerndem Kerzenschein, während sie jedes verlorene Pfund in ihren Bilanzen vermerkten. Doch niemand ahnte das Bündnis von Stein und Luft – eine stille Partnerschaft, mächtiger als jeder Erlass. Nachts tanzte Laternenlicht über die zerrissenen Goldflicken, und Schaulustige fragten sich, ob der Prinz um den Verlust seiner Schätze weinte. Kaufleute murrten über den Wertverlust, doch keiner vermutete, dass jeder Goldfall Trost in dürre Hände legte. Währenddessen schlug die Schwalbe unermüdlich ihren Weg zwischen Palastarkaden und bescheidenen Schwellen ein. Sie sauste über Dächer wie eine lebendige Glut, stets im Vertrauen auf des Prinzen unerschütterlichen Glauben. Ihr gemeinsamer Zweck leuchtete heller als jedes verlorene Blatt, das im grauen Horizont verpuffte.

Im nordwestlichen Viertel der Stadt fand eine verwitwete Näherin, deren Nadel vor Sorge krumm geworden war, ein schimmerndes Goldstück in ihrem zerfetzten Hut. Sie verarbeitete es zum Flicken, wärmte damit die Mäntel verwaister Kinder. Ein pensionierter Seemann, auf Treibholzsuche für sein Feuer, entdeckte stattdessen eine dünne Goldkette, die er zu Anhängern für seine trauernde Tochter gestaltete. Am Morgen schmückten sie die Statue mit Gänseblümchen und Bändern in stummem Dank. In einer schmalen Gasse weinte ein armer Gelehrter über zerrissene Seiten, bis er ein Blatt feinen Metalls im Mörtelfuge fand. Er verkaufte es für neues Pergament und verfasste Briefe, die Geschichten der Hoffnung ins Umland trugen. So webte die Schwalbe Nacht für Nacht zwischen Wundern der Barmherzigkeit, jeder Flug ein Beweis für des Prinzen reines Herz. Morgens verbreiteten sich die Berichte neuer Segnungen wie ein Wiegenlied durch Dublin. Die unsichtbare Tat der Güte wurde zum stillen Pulsschlag einer erwachenden Gemeinschaft.

Doch je kälter der Winter, desto schwerer wurde die Schwalbe. Ihr winziger Leib zitterte vor Kälte, jeder Schlag der Flügel fiel mühsamer. Sie setzte sich auf des Prinzen bleiernen Arm, Federn schwer vom Kristalltau, und sammelte ihren letzten Funken Mut. Der Prinz, nun mehr mit silberner Bronze als goldenem Glanz überzogen, spürte die Traurigkeit wie frischen Schnee auf seinen Schultern liegen. Mit bebendem Gefieder drückte die Schwalbe einen Abschiedskuss auf die kalte Wange des Prinzen, weich wie ein Gebet. Er neigte sein Haupt und ließ stille Tränen fallen, die im fahlen Sonnenlicht wie Morgentau glitzerten. Er sandte einen lautlosen Segen: „Fliege, treue Freundin, in das Reich, wo Wunden Flügel finden zum Heilen.“ Als die Schwalbe ihren letzten Hauch von Winternacht einodmte, entschwand ihre Seele über die eisernen Tore hinweg, ein Echo der Treue, das für immer mit dem Prinzen verbunden blieb. Die Stille, die folgte, war intensiver als jeder Mitternachtstrance. Dublin schien in jeder Gasse innezuhalten, als ehrte es die Hingabe, die unter den Sternen geflogen war. In jenem Augenblick wurde Mitgefühl mehr als eine Geste – es wurde ewiges Zeugnis.

Am Morgen der Frühlingstagundnachtgleiche entdeckten die Bewohner Statue und Gefährtin im letzten Ruheort. Der Leib der Schwalbe lag zusammengerollt an des Prinzen Fuß, ihre Federn bleich wie verblasste Hoffnung. Der Glückliche Prinz, seiner goldenen Pracht und treuen Begleiterin beraubt, fühlte einen Hohlraum im Innern seiner gehöhlten Rippen. Trauernde versammelten sich, ihr Atem bildete Nebel, der zwischen Klage und Dank schwebte. Ein bescheidener Tischler schnitzte an der Kolonnensäule die Worte: „Hier stand ein Prinz, dessen Mitgefühl keine Grenzen kannte, und eine Schwalbe, deren Treue gefrorene Herzen wärmte.“ Mit der Zeit brachten Kunsthandwerker aus fernen Ländern neue Metalle und Edelsteine, doch niemand konnte jene ursprüngliche Wärme nachahmen. Und immer, wenn die Nächte kälter wurden und der Wind durch die Laternenstraßen raunte, erzählten die Menschen von einem goldenen Prinzen und seinem kleinen Freund. Ihre Geschichte tanzte zwischen Flamme und Schatten, ein zarter Refrain der Hoffnung. So überdauerte das Erbe aus Gold und Federn, lebte in jedem Akt der Güte weiter.

Conclusion

Als die kälteste Jahreszeit dem zarten Versprechen des Frühlings wich, erkannte Dublin, dass wahre Wärme weder in der Schmiede noch in der Schatzkammer geschmiedet werden kann. Generationen zogen ins Land, doch die Echos jenes Winterwunders hallen noch heute durch die Gassen. Die Erzählung von Stein und Feder lebt im flüsternden Morgenduft, in den stillen Treffen einer vergoldeten Statue mit einer bescheidenen Schwalbe, im nächtlichen Spiel der Gaben und im strahlenden Lächeln eines Kindes, das ein einziges Blatt Gold umklammert. Obwohl die äußere Pracht des Prinzen verblasst war, strahlte sein Geist in ewigem Glanz und zeigte, dass Mitgefühl nicht in Opulenz, sondern im Mut zu teilen wohnt. Der Abschiedsflug der Schwalbe, so bittersüß er war, wurde zur Brücke zwischen Stein und Seele und bewies, dass Liebe keine Formgrenzen kennt. Möge ihre Geschichte uns mahnen, über unsere Bequemlichkeiten hinauszudenken, dem leisen Ruf derer zu lauschen, die im Schatten stehen, und im Wissen, dass schon kleinste Taten ein unvergängliches Feuer entfachen. Wenn die Morgendämmerung Dublin in sanfte Farben taucht, kann man noch den Widerhall ihrer Opferbereitschaft in jeder selbstlosen Geste und jedem leisen Gebet für das Wohl des Nächsten hören. Ihr Vermächtnis lebt in den Saaten der Freundlichkeit, die in jeder zärtlichen Handlung keimen, und erinnert uns daran, dass das größte Geschenk, das wir einander machen können, die Wärme eines selbstlosen Herzens ist. In der Kunst des Schenkens offenbart sich die wahrhaftigste Gestalt der Menschlichkeit.

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