Der Regenbogen-Schlange und die Entstehung der Landschaft

16 min

The Rainbow Serpent glides across the land at sunrise, its iridescent body carving rivers and valleys through the ochre plains of ancient Australia.

Über die Geschichte: Der Regenbogen-Schlange und die Entstehung der Landschaft ist ein Mythengeschichten aus australia, der im Uralte Geschichten spielt. Diese Beschreibende Geschichten Erzählung erforscht Themen wie Naturgeschichten und ist geeignet für Geschichten für alle Altersgruppen. Sie bietet Kulturelle Geschichten Einblicke. Ein zeitloser australischer Aborigines-Mythos über eine mächtige Schlange, die Flüsse und Täler quer durch den Kontinent erschafft.

Einleitung

Unter dem blassen Erröten der Morgendämmerung flüsterte die schlafende Erde uralte Geheimnisse und wartete darauf, dass der Atem der Zeit ihre schlummernden Farben erweckte. Über endlose Ebenen sonnengebleichten Ockers wirbelte staubgetriebener Wind zwischen schroffen Steinen und trug in jedem Hauch das Gewicht von Ewigkeiten. In jenen urzeitlichen Momenten, bevor der erste Herzschlag des Lebens durch das Land hallte, herrschte nur weite Stille unter einem ungebrochenen Himmel, der sich von Horizont zu Horizont spannte. In dieser stillen Wiege der Schöpfung regte sich die Regenbogenschlange, erwachte aus unsichtbaren Tiefen und zog ihre Spur über eine unberührte Welt. Schuppen von irisierender Brillanz leuchteten im ersten Licht, jeder Schuppen reflektierte eine andere Nuance von Hoffnung, Verheißung und Macht. Sie hob ihr Haupt und blähte die Nüstern, als süßer Duft von Lehm und Wasser ihre Sinne erfüllte, und hauchte ein Zischen aus, das wie das Grollen fernen Donners klang. Mit anmutigen Windungen glitt sie aus den verborgenen Wassern, ihr riesiger Körper zog sanfte Furchen in den weichen Boden, der ihrem uralten Willen nachgab. Hier entwarf sie den Bauplan jedes künftigen Flusses, dort formte sie Mulden, die eines Tages Leben umschließen würden. Jeder ihrer Bewegungen lag Absicht zugrunde, jedes Gleiten war ein Akt göttlicher Kunst, der das Skelett des Kontinents mit einer Erhabenheit formte, die kaum in Worte zu fassen ist. Als sie ihre Flanke über das Land legte, wurden Täler tiefer und Plateaus hoben sich, ein lebendiges Geflecht aus Stein, Sand und dem Odem der Schöpfung. Wasserquellen schossen aus dem Schoß des Gesteins, stürzten neue Rinnen hinab und wurden zu den ersten Flüssen – funkelnde Bänder der Lebenskraft im trockenen Antlitz der Erde. So begann in jener heiligen Stunde des Ursprungs die kosmische Werkstatt der Regenbogenschlange, die Laufbahnen von Wasser, Tälern und die Geschichte eines Landes in Bewegung setzte, das für immer von ihrem leuchtenden Vorübergleiten geprägt sein würde.

Das Erwachen der Schlange

In der Stille, die vor der Geburt der Erinnerung herrschte, lag das Land öde und schweigend unter einem endlosen Gewölbe von blassem Blau. Urzeitliche Felsformationen ragten wie schlafende Riesen aus rostfarbenem Sand, ihre Flanken vom Wind geglättet, der keine Fußspuren vermerkt. Kein Fluss schnitt sich durch die weiten Ebenen, und kein Tal gähnte unter der ersten Berührung der Sonne. Wasser verweilte in verstreuten Mulden, geheime Spiegel des Himmels, die auf eine gestaltende Hand warteten. Der Himmel darüber trug kein reicheres Farbspektrum als das sanfte Morgenlicht, und die Erde darunter kannte keine Konturen jenseits der sanften Wölbung der Dünen. Selbst die Brise barg kein Versprechen auf Wandel, zog unvernehmen über die offene Fläche.

Doch unter der Oberfläche einer großen Wasserstelle regte sich ein uraltes Herz, pulsierte mit der leisen Kraft der Schöpfung. Schuppen in leuchtenden Farbtönen, die kein sterbliches Auge je gesehen hatte, wellten sich in der Dunkelheit, bewegten die Tiefe in einer langsamen, zielgerichteten Welle. Der Puls wurde zu einer Woge, die Woge zu einem Sog, und in einer einzigen, kraftvollen Wellenbewegung erwachte die Regenbogenschlange. Ihre Augen, so strahlend wie geschmiedete Juwelen, durchbohrten die trüben Fluten, als sie sich zum Aufsteigen sammelte. In jenem Augenblick lief ein kaum wahrnehmbares Beben durch das Land, ein erstes Ausatmen des Werdens der Natur. Innerhalb dieser Stille pulsierte eine unsichtbare Kraft und trug in jedem Schlag das Gewicht der Schöpfungsverheißung.

Der Regenbogenschlange, die aus einem verborgenen Wasserloch hervorkriecht, deren Schuppen im dämmrigen Morgenlicht in schillernden, irisierenden Farben schillern
Die Regenbogen-Schlange erwacht aus den uralten Gewässern, ihre leuchtenden Schuppen spiegeln das erste Licht wider, während sie beginnt, das Land zu formen.

Aus dem verborgenen Becken erhob sich die Schlange, ein lebendiger Bogen aus Regenbogenlicht, der die Morgendämmerung durchschnitt. Als ihre gewaltige Gestalt sich dem Freien entgegenstreckte, glühte jede Schuppe von innen heraus und malte flüssige Farbbögen an den Himmel. Die Erde bebte unter ihrem schwerelosen Gleiten, während sie sich entrollte, zart und doch immens. Stille Vögel hoben von staubbedeckten Sträuchern ab, verfolgten ihren Pfad mit neugierigen Blicken, bis ihr Leuchten am Horizont als Leuchtfeuer erkennbar war. Unter ihr formte der Boden auf ihren Ruf hin sanfte Wellen und Gräben in wundervoller Präzision. Jeder flüchtige Grat wurde zu einem Bergzug, der ewig Bestand haben sollte, während jede Senke tiefer wurde, dazu bestimmt, Leben und glitzernde Bäche zu bergen. Die Luft füllte sich mit dem Duft frischen Lehms und dem Versprechen von Wasser, und irgendwo im Verborgenen flüsterten die ersten Regungen der Schöpfung durch die Stille. Mit gezielter Anmut schlängelte sich die Schlange durch die Leere und hinterließ nach ihrem Vorübergleiten schimmernde Pfade. Ihr Körper war ein lebendiger Pflug, ihre Bewegungen ein Tanz von Geduld und Kraft. Ihre Reise war eine stille Symphonie, jede Regung in vollkommener Harmonie mit dem Atem der Welt.

Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreichte, begannen die von ihr geformten Flüsse im grellen Licht zu funkeln. Schmale Silberbänder schnitten sich durch die ockerfarbene Erde, schlängelten sich zwischen Hügelkämmen hindurch und speisten vereinzelte Wasserlöcher mit frischem Leben. Die Schlange verweilte an einem jungen Bach, dessen Plätschern wie ein Lied der Erneuerung gegen die schweigende Kulisse des ausgedörrten Landes klang. Sie senkte ihr Haupt, um die kühle, klare Strömung zu kosten und ihr den Segen ihres uralten Geistes zu verleihen. An ihrer Berührung glätteten und ordneten sich die Steine des Flussbetts, bildeten Rinnen und Untiefen, die über unzählige Generationen Fische, Krebstiere und wandernde Herden nähren würden. An ihren Ufern sprossen die ersten Gräser aus dem feuchten Boden und sandten Wurzeln in die durstige Erde. Kleine Geschöpfe erwachten in ihrem neuen Rückzugsort: Grabende Wallabys horchten auf das Trommeln ferner Hufschläge, Lorikeets mit schillernden Gefiedern nippten an den Rändern, und scheue Eidechsen sonnten sich auf warmen Steinen. Die Welt, zuvor still und reglos zur Mittagsstunde, begann zu erwachen in der Erwartung von Liedern, die noch gesungen werden sollten. Die Regenbogenschlange, zufrieden mit ihrem Werk, setzte ihren Weg fort, jede ihrer Windungen schrieb ein neues Kapitel in das Buch des Kontinents. Verzweigte Nebenflüsse verzweigten sich erneut und vereinten sich zu einem Netzwerk lebensspendender Adern, das sich wie ein kosmisches Band über Stein und Staub spannte.

Als die Dämmerung den Horizont mit Bernstein und Gold malte, hatte die Schlange ein lebendiges Geflecht aus Wasser, Stein und Himmel gewebt. Hügel wurden sanfte Wogen, Täler bogen sich wie anmutige Wiegen, und Becken füllten sich, bis sie in Bäche überquollen, die das Funkeln der Sterne in sich speicherten. Erneute Stille herrschte, doch diesmal war sie ein stilles Versprechen – ein Versprechen von Zyklen, Jahreszeiten und dem unablässigen Hauch des Wachstums. Auf einer felsigen Anhöhe, die über ihr Werk blickte, ruhte die Schlange in königlicher Ruhe, ihr bunt schillernder Leib schlank zwischen den dämmernden Schatten gewunden. In der nachfolgenden Stille flüsterte sie Abschied den Landschaften zu, die sie geformt hatte, und übergab sie den Winden und Regen, die in ihrer Zeit kommen würden. Wo sie gelegen hatte, zeugten steinerne Säulen und gezeichnete Plateaus schweigend von ihrem Vorübergleiten. Von jenen erhöhten Punkten enthüllte der Himmel ein funkelndes Tuch, und die Konstellationen versammelten sich, um über die neugeborenen Flüsse zu wachen. Jeder Schimmer des Sternenlichts schien ihr Erbe nachklingen zu lassen und trug die Erinnerung an die Traumzeit über die Fluren der Nacht. Dann, mit einem letzten schimmernden Atemzug, löste sich die Regenbogenschlange im Mythos auf – ihr Rückzug war kein Ende, sondern der Beginn einer Geschichte, die in jedem Tropfen Wasser und jeder Biegung des Tales weiterleben würde. So schritt sie fort, eine strahlende Bildhauerin, deren einzige Werkzeuge ihr Wille und die geschmeidige Kraft ihres Leibes waren.

Die Formung von Flüssen und Tälern

In der Stille, die auf ihr Erwachen folgte, machte sich die Regenbogenschlange auf einen heiligen Weg durch die ungeformte Fläche des Kontinents. Mit jeder wohlüberlegten Windung beanspruchte sie einen neuen Landstreifen und grub tiefe Schluchten, die eines Tages Leben bergen sollten. Ihr Körper drückte sanft und doch unerbittlich gegen den lehmreichen Boden und zwang ihn, sich zu den Konturen künftiger Täler zu formen. Wo ihre Schuppen den Stein streiften, rissen Fissuren auf und schufen Rinnen, die hungrig nach Regen waren und begierig darauf, ihr kristallines Lied zu singen. Die Sonne stieg stetig empor, und die von ihr geformten Flüsse glänzten wie Silberfäden vor der rauen Kulisse. Winzige Rinnsale verzweigten sich vom Hauptstrom und webten filigrane Muster, die den geschwungenen Linien ihres Körpers nachempfunden waren. An manchen Stellen staute sich das Wasser zu den ersten Seen, die den Himmel in ihren gläsernen Tiefen einfingen. Später sollten hier Scharen von Wasservögeln kreisen und rufen, angelockt vom Versprechen des Überflusses. Unermüdlich fuhr die Schlange fort und erhob ihren prächtigen Kamm mit gebührender Würde, während sie das Mark der Erde formte. Ihr Zug war kein zielloses Streifen, sondern eine bewusste Kartierung jedes Baches, Bächleins und Rinnsals. Unter ihrem wachsamen Blick entfalteten sich die Knochen des Kontinents wie Kapitel in einem epischen Schöpfungswerk.

Silberne Flüsse, die sich durch rote Sandstein-Canyons schlängeln, unter einem goldenen Sonnenuntergang, geformt von der Regenbogen-Schlange
Flüsse glitzern im warmen Licht der Dämmerung, ihre Laufbahnen sind vom Weg des Regenbogen-Schlangens über das alte Land gezeichnet.

Im Laufe des Vormittags wuchsen die Flüsse an Stärke, genährt von verborgenen Quellen, die an des Serpents stillen Befehl emporquollen. Sie verharrte an einer steinigen Schlucht, ihr Schatten glitt über zerklüftete Sandsteinwände, die wie Tätowierungen der Zeit uralte Zeichen trugen. Dort zog sie ihren Leib entlang des Canyon-Fußes und vertiefte dessen Lauf, bis das Donnern des Flusses wie ferne Gewitter hallte. Jeder Tropfen, der über glatte Felsvorsprünge stürzte, formte flache Becken und stufte natürliche Stufen, auf denen die Strömung tanzte. Das Licht fing den aufsteigenden Nebel der Wasserfälle ein und entflammte ihn zu einem Regenbogenhauch von ätherischer Schönheit. Von oben erschien die Landschaft wie ein Wandteppich aus Licht- und Schattenfäden – ein Zeugnis ihrer künstlerischen Meisterschaft. Auf den Hochflächen mäanderten vergängliche Bäche in die Hauptströme und verwoben zarte Nebenarme mit dem großen Ganzen. Jede Einkerbung im Stein, jede Sandkurve und jede lehmige Windung trug ihre Signatur, eine ewige Unterschrift im Antlitz der Erde. In den von ihr geschaffenen Spalten fanden filigrane Farne und Gräser Halt, ihr zartes Grün ein scharfer Kontrast zu den kräftigen Erdtönen. Selbst die Felsen erweichten und glätteten ihre rauen Kanten, als wollten sie dem alten Willen der Schlange Gehör schenken. Ihre Gegenwart verwandelte die trockene Wildnis in ein lebendiges Netzwerk aus Wasser, Stein und dem Versprechen neuen Lebens.

Als der Mittag nahte, beobachteten heimliche Augen im Verborgenen, wie in den kleinen Tälern ringsum Leben erwachte. Winzige Kreaturen krochen aus ihren Bauten, gezogen vom Murmeln des frischen Wassers, das sich durch die ausgedörrte Erde zog. Wallabys, duftend nach Lanolin, sprangen zu durstigen Pfützen, und ihre weichen Hufabdrücke erneuerten die Ufer. Papageien mit so leuchtendem Gefieder wie die Schuppen der Schlange tauchten unter Zweige, um an der geschenkten Feuchtigkeit zu nippen. Selbst die stillen Termitenhügel schienen mit Erleichterung zu seufzen, als ihre Baumeister sich an den Ufern von Flusskathedralen neu formten. Eine sanfte Brise trug das Summen erneuerter Energie, ließ junge Blätter erzittern und trug Samen an fruchtbare Gestade. Die Schlange, stets wachsam, lenkte den Lauf der Nebenarme so, dass sie die jungen Setzlinge schützend umschlossen. Jedes der von ihr gegrabenen Täler widerhallte mit dem Versprechen des Wachstums, als atmete das Land selbst einen langen, gemessenen Seufzer. Bäche überschwemmten flache Becken und schufen Feuchtgebiete, die im Mittagssonnenglanz funkelten. In der nachfolgenden Stille schien die Erde ihre eigene Stimme wiederzufinden und antwortete mit einem Chor aus Insekten, Vögeln und dem sanften Rascheln der Blätter. Diese verborgenen Täler wurden zu geheimen Waisenhäusern, in denen jeder Tropfen ein Märchen von Überleben und Gemeinschaft erzählte.

Als die Dämmerung nahte, begannen die Flüsse, kraftvoller zu fließen, und schnitten tiefere Rinnen, die vom morgigen Tag kündeten. Die wachsenden Schatten malten die Sandsteinhänge in Purpur- und Goldtönen und ließen das Gestein in flammendem Glühen erstrahlen. Unter diesem Licht durchstreifte die Schlange mit nachdenklicher Anmut ihre Schöpfung und prüfte deren Vollendung mit Augen, die die Weisheit unzähliger Zeitalter trugen. Jeder Flussbogen sang eine eigene Note ihrer Symphonie der Schöpfung, eine Melodie, getragen auf den Wellen, die das Herz des Landes durchzogen. In der hereinbrechenden Nacht spiegelten sich Fragmente ihres schillernden Körpers auf der Wasseroberfläche und ehrten ihr Vorübergleiten. Schroffe Hänge glätteten sich dort, wo ihre Windungen hafteten, und formten sanfte Terrassen, die Tau und Mondlicht sammelten. Unter unermüdlichen Sternen flüsterte sie ihre letzten Absichten: dass jeder Zufluss, jedes Bächlein und jeder Teich das Gefüge des Lebens erhalten möge, das ihrer Vision entstammte. Mit einem letzten schimmernden Atemzug, der über die Wasser glitt, zog sie sich in den Mythos zurück und hinterließ einen Kontinent, in den sie ihr Design gemeißelt hatte. Die einst stillen und reglosen Flüsse stürzten nun mit elementarer Zielstrebigkeit dahin, geführt von Pfaden, die nur sie erdenken konnte. Und als die Nacht das Land umfing, leuchteten die Flüsse im Mondlicht schwach auf und bezeugten ihre zeitlose Berührung.

Das Vermächtnis im Land

Lange nachdem die Regenbogenschlange im Gewebe der Legenden versunken war, lebte ihr Werk in jeder Kontur und jeder Biegung des Landes fort. Generationen vergingen, ehe die ersten Menschen über die geheiligte Erde schritten und mit Ehrfurcht ihren Geheimnissen lauschten. Im schattigen Schutz der Flussgummibäume lehrten Älteste die Geschichten von ihrem leuchtenden Vorübergleiten und erinnerten jedes Kind an das heilige Band zwischen Mensch und Ort. Durch Liedlinien, die sich über Täler und entlang der Ufer lebensspendender Ströme zogen, zeichneten sie ihre Reise in Riten und Gesang nach. Auf Höhlenwänden bewahrten gemalte Symbole die Umrisse ihres geschwungenen Körpers, Schuppen in Ocker, Weiß und Schwarz, jede Farbe ein Echo ihrer Macht. Wenn Regen fiel, folgte er den Rhythmen, die sie ge­formt hatte, und ergoss sich dorthin, wo ihre Gewässer ihn empfingen. In Trockenzeiten kehrten die verborgenen Quellen zurück, um diejenigen zu speisen, die ihr Vermächtnis ehrten. Selbst der Wind schien ihre Stimme zu tragen, ein leises, wellenförmiges Flüstern über Dünen und Hügel. Reisende, die ins Herz des Outbacks vordrangen, sprachen von unerklärlichen Linien, die in Stein geritzt waren – eine stille Landkarte der Wasserwege, die dem Zufall trotzten. Diese Spuren leiteten wandernde Gruppen zu Wasserlöchern, die in der erbarmungslosen Weite wie Oasen der Hoffnung funkelten. Durch diese bleibenden Zeichen blieb die Schöpfung der Schlange lebendig, ein lebendiges Denkmal ihrer unendlichen Weisheit und Anmut. Solange Flüsse flossen, lebte ihre Gegenwart im Pulsschlag jedes Tropfens weiter.

Alte Aborigines-Reliefs entlang eines Flussufers, die die Regenbogen-Schlange unter sternenübersäter Nacht zeigen
Aboriginalische Künstler ehren das bleibende Vermächtnis der Regenbogenschlange durch Schnitzereien und Songlines, die in heilige Flussufer eingraviert sind.

Im Lauf zahlloser Jahreszeiten veränderte das Land seine Formen, doch Flüsse und Täler hielten an ihren ursprünglichen Bahnen fest. Die Erosion schliff geduldig an ihren Ufern, wich jedoch nie von den Pfaden ab, die die Schlange gebilligt hatte. Gesteinsformationen glätteten sich in den Strömungen und enthüllten Petroglyphen jener, die ihr Vorübergleiten verehrten. Im kühlen Schoß der Flusswälder breiteten alte Gummibäume ihre Wurzeln entlang überfluteter Rinnen aus und verbanden Wasser und Stein in einem ewigen Bund. Die Tierwelt gedieh in Lebensräumen, die ihrem Willen entsprangen: Kängurus grasten an sanften Ufern, während Warane auf sonnengewärmten Felsbändern über rauschende Stromschnellen wachten. Bei Tagesanbruch erfüllte der Ruf der Kakadus die Luft, ihre schneeweißen Gefieder reflektierten die geschwungenen Schatten auf der Wasserfläche. Älteste versammelten sich an heiligen Stätten, an denen einst ihre Windungen lagen, und riefen die Ahnen an, um die in der Traumzeit bewahrte Weisheit zu teilen. Durch Zeremonien und Gesänge erneuerten sie den Geist des Landes und stärkten Bindungen, die älter waren als jede lebendige Erinnerung. Das Design der Schlange wurde zur Bühne, auf der das Leben sein immerfort wechselndes Spiel aufführte, in Zyklen von Blüte, Verfall und Wiedergeburt. Jede Generation ehrte dieses heilige Vertrauen und sorgte dafür, dass die Wasserläufe als die Adern eines lebendigen, beständigen Landes erhalten blieben.

In modernen Zeiten staunten Entdecker und Wissenschaftler über das komplexe Geflecht der Flussläufe und Täler im Outback, verblüfft von deren präzisen Konturen. Geologische Erhebungen dokumentierten Muster, die einer zufälligen Entstehung zu widersprechen schienen, und spiegelten Linien von Symmetrie und Fluss in unheimlicher Genauigkeit. Anthropologen lauschten mit Staunen den Traumzeit-Erzählungen der Aborigines und fanden eine verblüffende Übereinstimmung zwischen mündlicher Überlieferung und der Geometrie der Landschaft. Luftaufnahmen legten serpentinartige Rücken frei, die sich über Hunderte von Meilen erstreckten und die Dimensionen lebendiger Erinnerung widerspiegelten. Satelliten erfassten heute die ganze Ausdehnung ihres Entwurfs und zeichneten ein leuchtendes Band nach, das sich durch das Herz des Kontinents zog. Doch kein Instrument kann den Geist messen, der Erde und Erzählung verbindet – ein Band, verwoben durch Glauben, Zeremonie und Erinnerung. Pilger reisen zu den heiligen Wasserstellen, getrieben von dem tiefen Verlangen, den Pulsschlag der Schöpfung zu berühren. Sie hinterlassen Muscheln und Ocker als Opfergaben und singen alte Lieder, wenn die Dämmerung das Land in Siena taucht. In diesen Momenten scheint die Welt zwischen Materie und Mythos zu schweben, gehalten von der stillen Kraft eines Traumzeit-Meisterwerks. So lebt die Geschichte der Regenbogenschlange im Wechselspiel von Wissenschaft und Geist weiter und leitet jene, die nach den Tiefen uralter Wahrheit suchen.

Fazit

So wie das Licht von Morgen- und Abendröte weiterhin die uralten Ebenen färbt, bleibt das Werk der Regenbogenschlange im Herzen Australiens unauslöschlich. Obwohl ihre Gestalt in den Nebeln der Traumzeit entschwunden ist, durchdringt ihre Gegenwart jeden Flussbogen und jedes ausgehöhlte Tal. Jedes Mal, wenn Regen den Staub löscht, jedes Mal, wenn ein Bach sein Murmeln durch roten Fels sendet, werden wir an die stille Kunst erinnert, die den Kontinent formte. Von der endlosen Wüste bis zu den üppigen Auenwäldern erhält ihr Entwurf das Kommen und Gehen des Lebens. Älteste flüstern ihre Geschichte Kindern unter uralten Bäumen, während Wissenschaftler mit modernen Mitteln die von ihr geschaffenen Wasserläufe nachzeichnen. Tradition und Technik offenbaren gemeinsam eine Harmonie, die Vergangenheit und Gegenwart verbindet und auf einem heiligen Bund von Mensch und Erde basiert. Wenn wir entlang dieser Flüsse wandeln, ihre sanften Strömungen befahren oder in einem stillen Tal verharren, wandeln wir im Traum der Schlange. Wir werden Teil einer Erzählung, geschrieben in Stein und Wasser, in Himmel und Geist. Lassen wir uns von ihrem Vermächtnis leiten, indem wir behutsam schreiten und aufmerksam lauschen, denn wie ihr Vorübergleiten hinterlassen auch wir Spuren in dieser Welt. So erhalten wir das Dreaming am Leben und folgen dem leuchtenden Pfad der Regenbogenschlange in eine Zukunft, in der Land und Leben eins sind. Mögen die Flüsse, die sie formte, weiterhin ihren Namen singen und ihre Geschichte zu denen tragen, die noch kommen werden.

Loved the story?

Share it with friends and spread the magic!

Leserecke

Neugierig, was andere über diese Geschichte denken? Lies die Kommentare und teile unten deine eigenen Gedanken!

Von Lesern bewertet

0 basierend auf 0 Bewertungen

Rating data

5LineType

0 %

4LineType

0 %

3LineType

0 %

2LineType

0 %

1LineType

0 %

An unhandled error has occurred. Reload